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Eine schwierige Situation für die Kitas in Baselland
Aus Regional Diagonal vom 22.04.2024. Bild: Keystone/ Christoph Soeder
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Kita-Gerangel Bessere Kita-Löhne und -Preise in Basel setzen Agglo unter Druck

Tiefere Elterntarife und höhere Löhne in Kitas von Basel-Stadt führen zu einer Abwanderung aus Baselland.

Für viele erwerbstätige Eltern sind Kindertagesstätten unverzichtbar. Doch Kitas sind eine finanzielle Belastung – teils lohnt sich sogar deswegen ein Job nicht. Basel-Stadt entschärft diese Probleme nun mit einem neuen Gesetz: Ab August erhalten Kitas höhere Subventionen, womit die Elternbeiträge sinken, und die Löhne der Betreuenden in Kitas werden erhöht.

Es ist dramatisch. Wir sehen einen sehr grossen Handlungsdruck.
Autor: Regula Meschberger Gemeinderätin Birsfelden BL und Präsidentin Gemeindeverband VBLG

Dies setzt Gemeinden im Nachbarkanton Baselland unter Druck, speziell in der Agglomeration: Vier Kitas haben bereits geschlossen. In Birsfelden BL, wo eine zweite Kita schliesst, sagt Gemeinderätin Regula Meschberger: «Es ist dramatisch. Wir wissen jetzt von Familien, die wegziehen nach Basel. Wir sehen einen sehr grossen Handlungsdruck.»

Mit einem Umzug nach Basel-Stadt können Eltern bis zu 1400 Franken pro Monat sparen. Überdies gibt es in Basel-Stadt deutlich höhere Steuerabzüge für Kinderbetreuungskosten. All das rechne sich für Familien, sagt Céline Veraguth, die in Pratteln BL seit zehn Jahren eine Kita betreibt.

Föderalistische Unübersichtlichkeit

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Die Finanzierungs- und Unterstützungsstrukturen der Kindertagesstätten in der Schweiz sind schwer zu überschauen. Auf Anfrage schreibt der Verband kibesuisse, die Subventionierungssysteme an Eltern (Subjektfinanzierung) bzw. an die Organisationen der familienergänzenden Bildung und Betreuung (Objektfinanzierung) unterschieden sich nicht nur von Kanton zu Kanton, sondern auch von Gemeinde zu Gemeinde und manchmal sogar auch innerhalb der Gemeinde.

Zu den durchschnittlichen Betreuungskosten in Schweizer Kitas hat eine Studie der Credit Suisse 2021 Daten zusammengetragen. Diese stellte die günstigsten Elterntarife in den Kantonen Genf und Neuenburg fest. Die Deutschschweiz sei teurer als die West- und die Südschweiz.

Zwischen 5 und 130 Franken pro Tag und Kita-Platz

Den Vergleich erschwerten unterschiedliche Subventionsklassen respektive Einkommenslimiten. Eltern mit hohen Einkommen zahlen laut CS-Studie in Bern, Zug und Zürich am meisten für einen Kitaplatz, mit Mediantarifen (die Hälfte der Tarife liegt darüber, die andere Hälfte darunter) von 130 bzw. 127 Franken pro Tag. Am anderen Ende der Skala liegen Schaffhausen, Appenzell und St. Gallen mit Tagestarifen um rund 80 und Bellinzona mit knapp 70 Franken.

Bei tiefen Einkommen sind die Unterschiede gemäss CS-Studie noch grösser: Während die Mindestkosten in der Stadt Genf fünf Franken pro Tag betragen, bezahlen Eltern aus der tiefsten Einkommensklasse in der Mediankita in Schwyz rund 85 Franken pro Tag. Auch in Herisau, Solothurn, Chur und Frauenfeld liegen die minimalen Elterntarife mit Werten zwischen 34 und 48 Franken pro Tag vergleichsweise hoch.

Auch ihre Kita habe schon mehrere Eltern verloren, die umgezogen seien. Vor allem Alleinerziehende seien abgewandert, aber auch voll zahlende Familien zögen wegen dieser Kostendifferenz in die Stadt. Trotz Wohnungsknappheit und höheren Mieten.

Kindergruppe
Legende: Eine Kindergruppe aus Céline Veraguths Kita auf einem Ausflug. zVg

Veraguth hat darum die Kita-Allianz mitgegründet, der sich inzwischen eine Mehrheit der Kitas in Baselland angeschlossen hat. Das neue baselstädtische Gesetz habe schon jetzt negative Folgen für die Baselbieter Kita-Landschaft. Selbst eine Kita fernab der Kantonsgrenze in Gelterkinden mache dicht.

Schmerzhafte Lohndifferenzen

Druck gibt es neben den Preisen für die Betreuungsplätze auch bei den Löhnen für das Kita-Personal. Das neue Basler Tagesbetreuungsgesetz bringt Angestellten von Tagesheimen oder Kindertagesstätten gleiche Löhne wie in einer kantonalen Tagesstruktur für Schulen.

Diese Konkurrenz macht die Suche nach Personal für Kitas im Landkanton noch schwieriger. Veraguth rechnet vor, dass sie mit 20 Jahren Erfahrung in Basel-Stadt als Kita-Angestellte monatlich 1500 bis 1800 Franken mehr verdienen würde als heute in Pratteln.

Der Kanton muss etwas tun.
Autor: Regula Meschberger Präsidentin Gemeindeverband VBLG und Gemeinderätin Birsfelden BL

Die Verantwortung für familienexterne Kinderbetreuung tragen im Baselbiet die Gemeinden. Doch diese sehen kaum Möglichkeiten, ihre Kitas zu unterstützen, zumal vielen die Mittel dazu fehlen. Für Regula Meschberger ist klar: «Der Kanton muss etwas tun. Gemeinden und Kanton arbeiten daran, dass künftig eine Objektfinanzierung vom Kanton gewährleistet wird.»

Die Grenze zu Basel-Stadt ist für den Arbeitsmarkt besonders wichtig.
Autor: Franziska Gengenbach Leiterin Amt für Kind, Jugend und Behindertenangebote BL

Franziska Gengenbach ist in der Baselbieter Bildungsdirektion für das Thema zuständig. Sie dämpft die Erwartungen: Die finanziellen Mittel seien nicht mit dem Stadtkanton vergleichbar. «Uns ist aber bewusst, dass die Grenze zu Basel-Stadt für den Arbeitsmarkt besonders wichtig ist.»

Neues Gesetz erst in der Pipeline

Aktuell fehle Baselland die Rechtsgrundlage für Unterstützungen. Kita-Subventionen durch den Kanton soll ein neues Gesetz bringen. Dieses ist vorgesehen als Gegenvorschlag zu einer SP-Initiative für Gratis-Kinderbetreuung. Doch bis das alle politischen Hürden genommen hat und in Kraft treten kann, dürften noch zwei, drei Jahre verstreichen.

Kindergruppe im Basler Zoo
Legende: Im Alltag ist die Grenze zwischen Basel-Stadt und Baselland kaum wahrnehmbar. Ausflüge einer BL-Kita etwa in den Basler Zoo – wie hier eine Gruppe von Céline Veraguths Pratteler Kita – sind keine Seltenheit. zVg

So lange sind Baselbieter Kitas noch auf sich alleine gestellt. Veraguth befürchtet, dass so noch mehr Kitas schliessen werden und das Betreuungsangebot in Baselland leiden werde. Dies wiederum dürfte den Stadtkanton für erwerbstätige Eltern noch attraktiver machen.

Regionaljournal Basel, 22.4.2024, 17:30 Uhr;

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